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Wie wir Elli fanden (oder sie uns).

Seit über eineinhalb Jahren wollen wir uns einen Hund zulegen und seit über eineinhalb Jahren kommt immer was dazwischen. Zuallererst war da Neuseeland, dann fiel uns auch noch ein, dass der Familienurlaub auf Mallorca auch noch anstehen würde. Hund holen und dann gleich wieder in den Hundeurlaub schicken? Das wollten wir dem armen Tier nicht antun.

Aber hier und da geguckt haben wir schon. Für uns war schnell klar, dass wir keinen Hund vom Züchter haben möchten, sondern lieber einem Hund, der kein Zuhause (mehr) hat, ein Heim geben möchten. Einerseits wollten wir nämlich keinen Welpen großziehen und andererseits gibt es genügend heimatlose Hunde, denen man mit einer Adoption etwas Gutes tun kann.

Letztes Jahr waren wir zum ersten Mal im Kieler Tierheim, haben dort nach Hunden geschaut und uns ein wenig beraten lassen. Fazit für unser Tierheim: hier landen in der Regel keine Anfängerhunde, die für uns in Frage kämen. Die Vorgeschichten der Tiere sind oft so gelagert, dass sie nicht in Anfängerhände vermittelt werden können.

Also erweiterten wir unseren Suchradius auf andere Tierheime – ebenfalls ohne Erfolg. Also beschlossen wir auch mal zu schauen, wie die Adoption eines Hundes aus dem Ausland abläuft. Wir schauten bei verschiedenen Organisationen, aber irgendwie sprang der Funke aus verschiedensten Gründen nicht über. Wir wollten unseren ersten Hund auf keinen Fall direkt vom Flughafen abholen ohne die Chance zu haben ihn erstmal kennen zu lernen. der Hund wäre nervös, wir wären nervös – halleluja. Das musste doch auch irgendwie anders gehen.

Eines Tages fing dann Janina an bei mir im Coworking-Space zu arbeiten und sie hatte oft ihren Hund Enzo mit dabei. Enzo wurde schnell zum Büro-Schoßhund meines Vertrauens und Janina erzählte mir, dass sie ihn von einer Organisation adoptiert hat, die sich in Spanien um Straßenhunde in und um Madrid kümmern.

Die “Association Alba” wurde 1998 von Tierschützern gegründet, als viele Spanier das Konzept eines Tierheimes noch nicht so recht kannten. Inzwischen gibt es zahlreiche Zwinger für die Hunde, Räume für aufgelesene Katzen und auch andere Tiere leben auf dem Gelände. Die Organisation kann inzwischen sogar eigene Pfleger und Tierärzte beschäftigen, die sich um die Tiere kümmern. Unterstützt werden sie von einem Team von ehrenamtlichen Helfern. Darüber hinaus setzt sich die Organisation für die Öffentlichkeitsarbeit vor Ort ein und klärt die Bevölkerung auf, damit weniger Hunde auf den Straßen landen.

Vermittelt werden die Tiere von dort aus sowohl in Spanien, aber auch nach Deutschland. Dort kommen sie in der Regel in verschiedene Pflegestellen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Hierher transportiert werden sie, was ich besonders schön finde, nicht per Flugzeug, sondern im Auto.

Die schleswig-holsteinische Pflegestelle befindet sich in der Nähe von Kiel und so vereinbarten wir einfach mal einen Termin zum kennenlernen. Auf der Pflegestelle leben 2-3 Pflegehunde im Rudel zusammen mit den drei eigenen Hunden der Besitzerin. Sie erklärte uns dann ganz in Ruhe, wie eine Adoption bei ihr ablaufen würde.

Aus Spanien kommt der Hund zunächst zu ihr, wo er sich erstmal ein wenig einleben kann. Dort lernt man den Kandidaten kennen, schaut beim spielen zu, geht mal Gassi und lernt sich kennen. Es gibt eine Einsicht in alle Unterlagen zum Hund und man wird über mögliche bestehe Erkrankungen, Vorgeschichte und die möglichen Spätfolgen von Mittelmeerkrankheiten aufgeklärt. Funkt es beim Treffen von beiden Seiten, schätzt die Pflegerin ein, ob das Hund-Mensch-Team gut zusammen passt.

Anschließend gibt’s dann noch eine Vorkontrolle im eigenen Zuhause, bei der sichergestellt wird, dass der Hund in ein gutes Zuhause einziehen wird. Passt alles, kommt der Hund zunächst auf Probe für eine Woche ins neue Heim. Das wird allerdings nur empfohlen, wenn man sich nach den Besuchen schon sehr sicher ist, dass der Hund bleiben wird. Von jeder gescheiteren Probewoche geht der Hund nämlich mit seelischen Knacks wieder zurück auf die Pflegestelle. Geht die Pflegewoche aber gut, wird der Hund gegen eine Schutzgebühr mit Schutzvertrag übernommen.

Nach dieser Beratung fühlten wir uns tatsächlich sehr gut informiert und fingen langsam auf der Website der Organisation nach Hunden umzuschauen. Die Tiere werden gut beschrieben und man kann zwischen den Zeilen sehr gut herauslesen, ob der Hund durch seine Vorgeschichte für Anfänger geeignet ist, oder ob er in geschulte Hände kommen sollte.

Bei Unsicherheiten hat uns die Leiterin der Pflegestelle hier weitergeholfen. Wir guckten also und irgendwann kam eine Hündin namens “Celaya” als Fundhund auf die Website der Organisation und die Kieler Pflegestelle entschied sich, sie nach Deutschland zu holen, ohne einen konkreten Interessenten zu haben. Als sie ankam konnte die Kleine allerdings noch nicht viel, war sehr wild unterwegs und nicht stubenrein. Ich registrierte sie zwar, aber die Leiterin der Pflegestelle meinte, dass sie kein geeigneter Anfängerhund für uns sei. Also warteten wir weiter.

Bei der Alba kommen tatsächlich nur relativ selten neue Hunde in die Vermittlung, man muss sich also gedulden. Und so guckte ich in den letzten Wochen und Monaten immer wieder auf die Website. Und es kam einfach nichts. Irgendwann riss mir kurz der Geduldsfaden und ich schaute doch mal bei einer anderen Organisation.

Dort fand ich auf Anhieb eine super süße Hündin und rief die angegebene Nummer hier in Kiel an. Das Gespräch war eher merkwürdig. Man hole den Hund direkt vom Flughafen ab, danach wäre man auf sich gestellt “Ich habe doch keine Zeit bei jedem Pups, den der Hund macht bei Ihnen auf der Matte zu stehen“. Würde es mit dem Hund nicht klappen, werde man zur Pflegestelle und müsse warten, bis der Hund vermittelt wird, wurde mir erklärt. Ääääh, nein. Danke. Aber vielen Dank für das Gespräch.

Postwendend schrieb ich “unserer” Alba-Pflegestelle auf Facebook, was für eine tolle Arbeit sie macht und wie klasse es ist, dass sie sich so viel Zeit für die Vermittlung und alles nimmt. Daraufhin sagte auch sie noch einmal, dass bei der Alba eben nur wenige Hunde kommen und man sich etwas gedulden muss – was andererseits ja auch gut ist, weil es zeigt, dass die Situation vor Ort besser wird.

Sie sagte allerdings auch, dass ihre Pflegehündin “Celaya” sich seit ihrer Ankunft im März prächtig entwickelt habe und sie bei ihr immer öfter an uns denken müsse, weil sie langsam zum perfekten Anfängerhund werde. Nun habe sie aber gerade Interessenten. Sollten die nicht zu ihr passen, würde sie sich nochmal melden.

Die Interessenten, ein älteres Ehepaar, passten tatsächlich nicht zu dieser aktiven, jungen Labrador-Podenco-Mix-Hündin. Und somit fragte sie, ob wir sie nicht mal besuchen wollten.

Zu dem Zeitpunkt stand unser Mallorca-Urlaub gerade kurz bevor und mein Freund und ich diskutierten, ob wir diesen Hund denn nun anschauen wollten oder nicht. Eigentlich war sie nicht so ganz der Typ Hund, den wir im Kopf hatten. Mein “Kopf-Hund” war schwarz mit Schlappohren, sein Traumhund etwas kräftiger. Celaya war mittelgroß, schlank, beigefarben und hatte ein Gesicht, wie ein kleiner Hauself aus Harry Potter, mit Ohren, die sich nicht so recht entscheiden konnten, ob sie nun stehen oder hängen wollen.

Aber trotzdem vereinbarten wir, dass wir nach unserem Urlaub mal vorbeischauen würden. An einem Mittwoch-Nachmittag bot es sich an, dass wir Celaya, genannt Elli, mal bei der Hundeschule auf der Hundewiese zugucken konnten.

Da standen wir also, am Rand der Hundewiese und guckten zu. Von allen Hunden, die dort so rumliefen, war Elli eine der entspanntesten. Sie ging gut an der Leine, hüpfte über Rascheldecken und ließ sich von wenigen Dingen aus der Ruhe bringen. Zu den anderen Hunden war sie ganz lieb und ihrem temporären Frauchen gegenüber war sie die ganze Zeit sehr aufmerksam gegenüber. Auch das plötzlich über uns hereinbrechende Gewitter konnte sie nicht aus der Fassung bringen.

Und irgendwie fand ich sie obendrein auch noch super süß. Nur mein Freund, der war noch nicht vom Fleck weg verliebt. Aber auch nicht abgeneigt. Also verabredeten wir uns erneut mit Ellie und besuchten sie zwei Tage später, an meinem Geburtstag, nochmal auf ihrer Pflegestelle.

Dieser Hund ist irgendwie ein kleiner Gewitterhund. Denn auch bei unserem zweiten Treffen zog ein Gewitter nach dem anderen über den Garten hinweg. Dennoch nutzen wir die Zeit zum spielen und Schmusen und schauten uns schonmal alle Dokumente zu Elli an.

Kerngesund, 1,5 Jahre alt und bereits Mutter zweier Welpen gewesen, die zusammen mit ihr in einem Park in Madrid aufgelesen wurden. Ein bewegtes, junges Leben.

Nach dem Treffen am Freitag vereinbarten wir, dass wir uns über’s Wochenende Gedanken machen und uns am kommenden Montag melden würden. Entschieden haben wir uns schon am Freitag Abend.

Und damit war klar: Elli, die kleine Hauselfin, würde bald bei uns einziehen. Nur wann? Der perfekte Zeitpunkt – schwierig. Am liebsten sofort, aber erstmal hat mich eine kleine Sommererkältung aus den Latschen gehauen und dann musste ja noch dies und das hergerichtet werden.

Naja, um ehrlich zu sein, hätte eigentlich nichts so großartig hergerichtet werden müssen, aber ich hatte echt Bock nochmal umzuräumen und es war eine gute Ausrede, warum das gerade jetzt passieren musste.

Tja, und dann stand plötzlich fest: Sonntag, 30. Juni um 11:00 kommt der Hund. Ich schwebte die Tage vorher irgendwo zwischen Panik und Vorfreude. Und dann war Sonntag. Es waren 30 Grad und ich war völlig aufgeregt.

Ihre Pflegerin kam mit ihr vorbei und nach einem kurzen Gespräch über dies und das und der Versicherung, dass wir uns jederzeit mit Fragen über WhatsApp melden könnten, saßen wir da alleine mit diesem Hund und wussten gar nicht so genau, was wir mit diesem Tier jetzt anfangen sollten, der da plötzlich bei uns auf’m Wohnzimmerboden lag und schlief.

Für den Hund war das nun auch eine Ausnahmesituation. Sie hatte nun zum dritten Mal in ihrem Leben alles verloren. Das erste Mal war im Januar, als sie in einem Park in Madrid eingefangen wurde. Das zweite Mal, als es für sie in Richtung Norden nach Deutschland ging. Und nun das dritte Mal, als sie plötzlich bei diesen beiden Menschen in der Wohnung saß. Fernab von ihren Hundekumpels, dem Garten und ihrem Frauchen.

Der Abschiedsschmerz war bei ihr zum Glück nur sehr kurzweilig. Sie guckte eben zur Tür und schaute sich die Wohnung an. Schnupperte und wir setzen uns einfach auf das Sofa und schauten ihr dabei zu. Und dann machte es Hopps und neben mir saß ein Hund auf dem Sofa. Und nur ein paar Minuten grunzte Sie und schlief ein.

In den kommenden Stunden stellte sich heraus: der Hund blieb auf der Türschwelle zur Küche stehen und machte keine Anstalten in die Küche zu kommen, war in der Wohnung tiefenentpannt und schlief so vor sich hin.

Gassi gehen ging auch klar und unsere erste Nacht ließ sie uns auch schon bis um 6:00 schlafen. Raus wollte sie aber erst um 7:00. Und wir? Waren langsam weniger aufgeregt, dafür wurde uns wurde langsam klar, dass das Leben, das wir bisher geführt hatten, gerade schlagartig ein Ende nahm.

Und damit kam auch nochmal die Frage auf: ist das das Leben, das wir führen wollen?

Zwei Tage später waren wir uns dann schon recht sicher, dass sie wohl bleiben soll. Diese kleine Schnarchnase würde uns zwar noch einiges an Arbeit abverlangen, aber das wäre es wohl wert. Zumal sie im Vergleich zu anderen Hunden von der Straße, oder eben zu einem Welpen, vergleichsweise wenige Baustellen hat. An der Leine zieht sie noch etwas, hört noch nicht perfekt und in der Wohnung muss sie noch lernen auf ihre Matte zu gehen und am Ende vielleicht sogar allein zu bleiben. Alles nichts, was man nicht gemeinsam mit ihr erarbeiten kann.

Aber, was eben auch noch zu beachten war: wir mussten halt auch irgendwann beide wieder arbeiten. Mein Freund 8 Stunden am Tag ohne Hund und ich irgendwie mit Hund – am liebsten im Coworking-Space.

Das war also die letzte große Hürde, die sie nehmen musste. Also nahm ich sie mit ins Büro, legte ihr eine Decke unter den Schreibtisch und der Hund? Legte sich hin und schlief ein. Das hätte ich mir jetzt irgendwie schwieriger vorgestellt, wenn ich ehrlich bin.

Tja, und damit war dann klar: Wir und Elli, das passte zusammen. Und so schrieben wir der Pflegestelle, dass wir sie nun wirklich behalten mögen. In den kommenden Tagen bekommen wir dann nochmals Besuch. Es wird geguckt, ob der Hund es denn gut bei uns hat und dann unterschreiben wir den Schutzvertrag und der Hund gehört uns. Verrückt und schön zugleich. Aber das wird gut!

Jetzt müssen wir uns bloß noch um den ganzen anderen “Kram” kümmern. Krankenversicherung, Haftpflicht und Hundesteuer müssen angemeldet werden und für eine Betreuung für ab und zu mal Tagsüber und (noch seltener) für den Urlaub müssen wir uns noch entscheiden. Falls ihr dafür Tipps im Raum Kiel habt: gern her damit! Das Angebot ist zwar groß, aber ich nehme gern Tipps entgegen.

 

Wenn auch ihr einen Hund adoptieren wollt, überlegt euch bitte vorab, ob das Tier mit eurem Alltag kompatibel ist. Ein Hund ist nicht nur ein süßes Ding zum Kuscheln, sondern (insbesondere ein Tier aus dem Tierschutz) ist auch Arbeit. Dazu solltet ihr euch z.B. folgende Fragen stellen und ehrlich beantworten:

Wie lange muss der Hund alleine sein oder könnt ihr ihn mit zur Arbeit nehmen? Wohin kommt der Hund, wenn es mal in den Urlaub geht (kann ich mir ein Hundehotel leisten oder kann der Hund mitkommen)? Und habt ihr das nötige Kleingeld, um dem Hund im Notfall eine gute medizinische Versorgung zu garantieren?

Und wenn es dann darum geht, über welche Organisation ihr euch einen Hund holt, gebe ich euch folgende Tipps:

Daran erkennt ihr eine gute Hundevermittlung aus dem Ausland:

  1. Die Organisation ist transparent strukturiert und betreibt neben der Vermittlung in Deutschland auch im Ausland aktive Tierschutzarbeit (z.B. Kastrationsprogramme, Pflegestellen, ein Tierheim oder Aufklärungsarbeit).

  2. Es gibt auch in Deutschland Ansprechpartner oder sogar Pflegestellen, die die Hunde nach ihrer Ankunft bis zur Vermittlung aufnehmen.

  3. Die angebotenen Hunde sind nicht ausschließlich süß, niedlich und als Schoßhund beschrieben, sondern werden realistisch mit ihren Charaktereigenschaften beschrieben. Es gibt Informationen zu ihrer Vorgeschichte und zu ihrem Alter und wenn möglich auch, wie sie sich gegenüber anderen Hunden, Katzen oder Kindern verhalten.

  4. Die Organisation möchte euch kennenlernen, bevor sie euch einen Hund vermittelt. Sie macht eine Vorkontrolle eurer Wohnumstände und vergewissert sich, dass ihr genügend Zeit für den Hund habt und ihn ausreichend beschäftigen könnt.

  5. Die Geschichte des Hundes ist schlüssig und es sind alle Unterlagen vorhanden. Bei einem Hund aus Südeuropa solltet ihr über Mittelmeerkrankheiten aufgeklärt werden. Der Hund sollte gechipt und geimpft sein und bestenfalls auf Herzwürmer und Giardien getestet worden sein. Oftmals werden die Hunde auch bereits im Ausland kastriert.

  6. Von der Kontaktperson wird euch das Wesen des Hundes realistisch beschrieben und seine Geschichte inkl. möglicher Traumata wird glaubwürdig und transparent kommuniziert. Auf Fragen gibt es schlüssige Antworten. Ihr werdet darauf hingewiesen, dass der Hund sein Verhalten möglicher Weise in der neuen Umgebung ändert.

  7. Ihr werdet nicht unter Druck gesetzt den Hund zu nehmen, sondern die Entscheidung liegt allein bei euch.

  8. Bei Übernahme des Hundes wird ein Schutzvertrag aufgesetzt und eine angemessene Schutzgebühr bezahlt.

  9. Nach der Übernahme steht die Organisation euch noch mit Rat und Tat zur Seite, wenn es Probleme gibt.

  10. Nachdem der Hund eine Zeit bei euch ist, kontrolliert die Organisation noch einmal, ob alles glatt läuft.

#Elli #Hund

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